Contents
- Willkommen auf Kuschomania
- Tempel der Lust – Abhängigkeiten, um vom Wesentlichen abzulenken
- Kaltes Herz: Hochfunktionale Depression
- „Wir sind wichtig!“
- „Ich lebe ein Leben auf der Überholspur!“
- Eigentlich hasste ich diesen Job
- In der Hölle – der lange verdrängten Emotionen
- Verlorene Seelen – Funktionieren fordert seinen Tribut
- Knast – Die Klinik
- Wahrsagerin! 70 Zwerge, Schneewittchen und Feen
- Planet ohne Liebe: macht krank
- „Back to Bizneyland!“
- Und jetzt?
Nicht ausgedrückte Gefühle sterben nicht. Sie werden lebendig begraben – und kommen irgendwann auf unschöne Weise wieder hervor.
Sigmund Freud
Viele meiner Klienten, die zu mir kommen, denken selbst gar nicht, daß sie in einer Depression oder in einem Burnout sind, denn schließlich „hängen sie nicht nur herum, sondern wuppen ein ganzes Unternehmen oder ihren Job im Management!“ Trotzdem „stimmt irgendwas nicht“ – und so finden sie zu mir.
Das Phänomen nennt sich Hochfunktionale Depression. Oftmals vorkommend bei Menschen in „High-end-Positionen“ – sie funktionieren (wie immer) – das Rad dreht sich immer schneller. Sie rasten aber irgendwie superschnell aus und sind wahnsinnig ausgelaugt nach jedem Meeting. Schlafen… nicht wirklich. Dafür arbeiten sie eben. Und putschen sich hoch mit Alkohol (zum Verdrängen und weniger fühlen) und anderen Dingen.
Zu dieser Thematik habe ich vor einigen Jahren schon ein Interview mit dem ehemaligen „Hochfunktions“-Unternehmer Georg Rösl (Just George) führen dürfen.
Nach außen hin, für die Umwelt – und sogar teilweise für behandelnde Therapeuten! sehen sie „gesund“ und leistungsfähig aus. Fast niemand versteht, was in ihnen vorgeht. Dazu muss man viele Fragen stellen, sehr tief analysieren und durch die über die Jahre antrainierten Masken dieser Menschen hindurchsehen können. Das braucht Erfahrung, Zeit und Intuition. Denn sie können nicht vertrauen. Und „Schwäche“ zeigen ist für sie ein No-Go.
Einer meiner Klienten hat seine persönliche Geschichte – aus dem „eisgekühlten“ Hochfunktionsmodus in das Leben – verfasst. Und auch, daß der Sog (Sucht) in die Rückkehr zur Hochfunktion erst einmal sehr groß ist. Jahrelange Dysbalance im Nervensystem „braucht“ den „Stoff“ (hier: Hochfunktionsmodus).
Nun aber…
Willkommen auf Kuschomania
Scheiße! – Dachte ich, als mein intergalaktischer Raumkreuzer mal wieder durch einen Andromeda-Nebel rumpelte. „Kann der Drecks-Käpt´n nicht besser aufpassen?! Die Nacht ist wieder im Arsch!“
Jede Minute hatte ich präzise verplant. In 20-ig-facher Lichtgeschwindigkeit durch die Galaxien jagen. Hauptsächlich die Nächte hindurch, um bei Tagesanbruch auf den richtigen Planeten zu landen, wo meine Geschäftspartner bei Ankunft meist auf mich warteten, um mich mit ihren schnittigen kleinen Spacecruisern zu ihren Baustellen zu fliegen.
Tempel der Lust – Abhängigkeiten, um vom Wesentlichen abzulenken
Ich war Architekt.
Keiner von der Sorte, die für den kleinen Cosmonauten und seine Frau eine Raumkugel mit Blick auf die Milchstraße entwarf.
Ich plante… Tempel der Lust. Der ungezügelten und hemmungslos nutzlosen Konsumlust. je größer und schillernder, um so besser!
Die zwanzig anderen Biz´Onauten, die mit mir im Raumschiff der Zeit voraus jagten, schliefen teilweise eingelullt durch sphärische Musik, andere wiederum schauten, bestückt mit superaudialen Mediahelmen die jeweils letzten Movies aus den Star-Charts. Über spezielle Sensoren, die an Nase und Schläfen befestigt waren, konnten die Emotionen der einzelnen Filmsequenzen gut miterlebt werden.
Der Vorteil war einfach, daß das unsere auf -20 Grad Celsius heruntergekühlten Körper und Seelen so wenigstens noch einen Bruchteil an Emotionen empfinden konnten, die für ein Total-Erlebnis bei einem Film unbedingt notwendig waren.
Kaltes Herz: Hochfunktionale Depression
In meinem Arbeits- und Privatumfeld waren Gefühle gefährlich: Nur allzuschnell lief man Gefahr, sich emotional einlullen zu lassen und den coolen Überblick zu verlieren.
Manche von uns ließen merkwürdig sedierende Flüssigkeiten in roter oder gelblicher Farbe in sich reinlaufen. Teilweise sprudelte sie wie Brause, die ich noch von meiner Kindheit her kannte.
Ich persönlich liebte ältere Raumkreuzer, in denen man noch Getränke aus der fernen Galaxie Irlandis bekam. Angeblich wurde dieses wundersame Zeug in Eichenfässern gelagert!
Wir waren hauptsächlich Männer an Bord.
Nur wenige Frauen wagten den Sprung in die Emo-freie Arbeitswelt, in der Du in Lichtgeschwindigkeit von Planet zu Planet jettest, um in den schönsten Oasen ferner Galaxien, verwöhnt durch langbeinige Erdlinge, lockige Klingoninnen und fesche Marsianerinnen die Form von Geschäften abzuwickeln, die uns immer mehr an Zuwachs bescherte, währenddessen das Arbeitervolk von uns regelrecht ausgebeutet und unterdrückt wurde.
„Hey Süße – bitte noch von den Fischeiern!“ – rief ich der schicken uniformierten Astrodess zu. Seit die Amerikaner 2009 einen Krater in den Erdtrabanten geschossen hatten, den sie dann zur Lagerung ihrer atomaren Brennstäbe ich nicht brauchten, hatten die Russen ihn seinerzeit günstig erworben, um dort eine Sorte fisch zu züchten, dessen Eier an eine auf der Erde längst der Umweltverschmutzung zum Opfer gefallenen Spezies erinnerte.
Der Mond wurde von Bauern, die die Erde wegen der hohen Temperaturen nicht mehr beackern konnten, als Anbaufläche genutzt.
„Hey! Und bitte eine Hube von dem Blubberwasser!“ – rief ich der Astrodess noch hinterher. Nur so konnte ich – eine wiedermal schlaflose – Nacht überstehen. Ich kam im Schnitt auf maimal 4 Stunden Schlaf pro Nacht, was allerdings zusammen mit dem weißen Pulver, das es auf Kolumbanien gab, kein Problem darstellte.
Wir zwanzig Überflieger rumpelten also wieder mal durch die schier unendliche Nacht, vorbei an Sternen und Planeten, durchkreuzten bunt schillernde Sonnensysteme und planetarische Gürtel.
„Wir sind wichtig!“
rief ich angeheitert in die Menge und riss mein Glas in die Höhe. „Ohne uns dreht sich kein Rad mehr!“ Die wachen Jungs schauten zu mir rüber und nickten zustimmend. Wir waren uns stillschweigend sicher, daß wir in unseren maßgeschneiderten Quattroflutschi-Anzügen und den scharf geschnittenen Hemden die absoluten Helden waren.
Glück – Gefühle – Liebe – Geborgenheit: keiner von uns interessierte sich noch dafür. „Alles für Weicheier!“ rief unser Chef immer wieder gern lauthals bei den monatlichen Teamsitzungen.
Die Astrodessen brachten uns allen noch reichlich Leckereien und lächelten immer bewundert, wenn sie unsere Speedometer am Handgelenk erblickten, auf denen man die persönliche Lebensgeschwindigkeit sehen kann. Ich brach mit meiner Geschwindigkeit sämtliche Limits, seitdem ich mein altes Leben hinter mir gelassen hatte, wo ich ständig mit den nervigen Gefühlen meiner Schleimhautkontaktlerinnen konfrontiert wurde.
„Ich lebe ein Leben auf der Überholspur!“
Ein Leben in Saus und Braus. Kein Meteorit, der mich aus der Bahn hätte werfen können!
So verträumt und stolz auf mich, den Superhelden, schaute ich in die Ferne der Nacht und schlief dabei langsam wieder ein. Eine Stunde später tippte mir eine Astrodess zart auf die Schulter: „Wir landen in 20 Minuten.“ säuselte es süß an mein Ohr. „Bitte schnallen Sie sich an und verstauen Sie ihre Sachen unter dem Sitz.“
Wir steuerten einen der entferntesten Planeten in unserem Sonnensystem an. Ich hatte keine Ahnung, warum ich ausgerechnet auf einem so entlegenen Planeten einen Tempel bauen sollte. Soweit ich informiert war, fehlte es hier am Notwendigsten. Eine vernünftige Infrastruktur zu schaffen, wäre vordringlich. Trotzdem war ich im Rahmen der Universudisierung unterwegs, auch hier einen Konsumtempel zu bauen, um auch hier für eine gute Konsumstimmung zu sorgen.
Ich würde maximal zwei Tage hier auf Indianapolix bleiben, bevor ich wieder in die Heimat fliegen würde.
Eigentlich hasste ich diesen Job
Seit zehn Jahren war ich unterwegs, wusste nicht mehr, was ein Zuhause ist und wie schön Schlaf sein kann.
Ich verließ Indianapolix wie geplant. Meine Meetings liefen trotz meiner Schlaflosigkeit wie immer präzise. Ich musste lediglich meine Temperatur zwischendurch auf minus 25 Grad Celsius unterkühlen, weil ich sonst zwischendurch nicht mehr gewusst hätte, wie ich es hätte aushalten sollen. Kribbeln schoss durch meinen Körper und mein Herz vertrug die Schockfrostungen nicht mehr so 100%-ig wie noch Jahre zuvor.
Ich hing also wider völlig ausgelaugt in meinem Sitz und steuerte durch das All. Nach einigen Stunden Flug durch die schier endlose Galaxis dachte ich plötzlich, mein Herz bleibt stehen! Ein Schock schoss mir durch alle Glieder!! Trotz der Kühlung machte sich Angst breit, die mich in einen lähmenden Zustand versetzte. „Verdammte Emotionen!“ dachte ich noch, als eine erneute Welle durch meinen Körper schoss.
Ich lehnte mich zurück und versuchte, tief durchzuatmen. Meine Astrodess sah mich an: „Hey – alles okay? Sie sehen blass aus. Kann ich etwas für Sie tun?“ „Wow“ sagte ich „ich glaub, ich brauch dringend eine Vitaminspritze!“ Die Astrodess kannte sich aus mit BizOnauten und brachte schnell ein paar Flaschen und Apparaturen, während sie mir einen Sensor ans Ohr hielt. „Das Emo-Meter zeigt rot!“ rief sie aus. „Wir müssen Sie umgehend zu einer Erholungsstation einliefern. Sie drückte einen Knopf an ihrem Anzug. „Capt´n, der BizOnaut auf Platz 10 zeigt Schwäche! Alle Zeiger auf rot! Wir brauchen dringend eine Absetzstation!“
„Okay“ kam die Antwort aus dem Cockpit, „wir überfliegen gerade Kuschomania, ich glaube, dort findet er einen Platz.“ Noch bevor ich mich wehren konnte, riss das Loch über dem Sitz auf und ich schoß in die dunkle Nacht.
Meine Sinne schwanden durch die hohen Beschleunigungskräfte und ich wachte erst durch den dumpfen Aufschlag auf dem mir völlig unbekannten Planeten wieder auf. Ich fand mich auf einer roten Wolke wieder, die zwischen vielen anderen über dem Boden schwebte. Pärchen lagen darauf, rieben sich aneinander und kicherten selig, während sie zu mir herübersahen. Noch bevor ich begriff, wie mir geschah, kam eine Schwester auf mich zäunt drückte feste ihre beiden Wärme spendenden Energiehügel an mich: „Hach je! Ist der kalt!!“ entrüstete sie sich und rieb sich gleich nochmal fester an meinen wollenen Quattroflutschi-Maßanzug.
Ich konnte mich nicht entsinnen, wann ich das letzte mal so eine schleimhautfreie Wärme gespürt hatte. Ich musste gestehen, daß mir die Wärme gut tat. „So mein Lieber, wir werden Dich emotional wohl erstmal richtig aufbrechen müssen!“ flüsterte sie verführerisch, während von den Nachbarwolken wohliges Schnurren und Knurren zu hören war. Dehnbare Körper rieben sich mit verstohlener Lüsternheit aneinander.
Ich allerdings war derart erschöpft, daß ich ziemlich bald in den Armen meines Engels einschlief.
In der Hölle – der lange verdrängten Emotionen
„Uah, uah, fick dich selber, du Arsch! Ned mit mir! Raus aus meinem Kopf!“ Ich schreckte hoch. „Hatte ich geträumt? Wo war ich? Keine Kuschelmassen mehr um mich herum. Stattdessen schien es hier zu brodeln. Es stank nach Angstschweiß, die Temperatur war unerträglich.
Die Hölle! Dachte ich, während mir der Schweiß den Rücken runterlief. Rund um mich herum kämpften Paare auf blauen Ringermatten miteinander, sie strampelten, boxten und krackelten wie Tiere. So hatte ich mir immer die Kommunikation in der Uhrzeit vorgestellt. „Waren dies Schreie des Schmerzes?“
Mich überlief ein eiskalter Schauer. Ich muss hier weg!“, schoss es mir durch den Kopf. „Nur raus hier! Irgendwo muss es hier einen Ausweg geben!“ Ich bewegte mich tastend in die Richtung des Notausgangs, als plötzlich eine langbeinige Schönheit vor mir stand.
„Komm mit mir und entdecke die emotionalen Feuchtgebiete“, sagte sie sanft und schaute mich mit ihren großen warmen Augen zärtlich an. „Klasse!“, rief ich erfreut, „nur weg hier!“ und nahm ihre Hand. „Ist das normal hier?“, fragte ich vorsichtig.
„Nun“, erwiderte sie, „ich bin noch nicht so lange hier, aber es ist immer mal wieder so eine Party hier am Laufen.“
Während wir sprachen, öffnete sie eine Tür zu einem abseits gelegenen Raum, in dem es köstlich nach Tannennadeln roch. Jahre hatte ich diese natürlichen Gerüche vermisst. Sie setzte sich in eine blaue Wolke aus weißen Federn und breitete einladend ihre Arme aus. „Komm schon, leg dich hier in meinen Schoß und entspann dich“, sagte sie einladend lächelnd. Ich zögerte einen Augenblick, drückte dann meinen Kopf an ihre Wärme, weiche Brust.
Innerhalb von Sekunden träumte ich von meiner Kindheit. Ich sah mich als Kind auf Bäume kletternd und in Seen schwimmend, eine Welt, die mir nach Jahren des tiefgekühlten Lichtgeschwindigkeit beschleunigten, Umherirrens, ferner nicht hätte sein können. Krämpfe schüttelten mich.
Nach Stunden, so kam es mir vor, öffnete ich meine Augen und sah mich und meinen Engel in einem Meer aus Tränen treiben. Überhaupt schienen alle reichlich geweint zu haben. Auch die beiden älteren grauen Herren, die sichtlich erschöpft und befriedigt im Arm auf ihrem Floß saßen. Weiße Seerosen, die in rechteckigen Boxen gelagert waren, wurden verteilt und schmückten als bald die Oberfläche des Sees. Wir trieben noch eine Weile so auf dem See, als ich wieder völlig erschöpft in einem tranceähnlichen Schlaf fiel.
Verlorene Seelen – Funktionieren fordert seinen Tribut
Mir erschien im Traum eine Frau, groß und stark, mit großen, dunklen Augen. Sie hatte einen magischen Blick, eine scharf geschnittene Nase und sinnliche, weiche, rote Lippen.
Ich hatte etwas ähnliches noch nicht gesehen. Sie saß in einem großen, weißen Sessel, eingehüllt von Nebelschwaden aus Myrrhe und Weihrauch. Ihre Stirn hatte sie leicht nach vorn geneigt und schaute tief in eine große Glaskugel, die in den Farben des Saturn leuchtete.
Ihre Hände schwebten verheißungsvoll über der Kugel. Im Rauch spiegelten sich die schillernden Farben aus der Tiefe meines Traumes. Ich vernahm sphärische, sanfte Klinge. „Du kommst aus einer fernen Welt. Du kommst aus der Zukunft und hast dein Innerstes in der Vergangenheit zurückgelassen. Deine Seele hast du verloren, irgendwo zwischen Raum und Zeit.“
„Öffne dich“, rief sie und blickte mich ihren großen tiefbraunen magnetischen Augen eindringlich an. Sobald ich den Blick einzufangen versuchte, verschwamm das Bild.
Ich verlor den Kontakt.
Knast – Die Klinik
„Geh ins Komitee*!“, hörte ich an, noch einen letzten Schrei und das Bild verschwand vollends. Ich schreckte hoch, alles war dunkel.
(*Das Komitee ist in bestimmten psychosomatischen Kliniken eine Art Gruppentherapie-Runde.)
Ich stellte fest, dass ich auf einer Pritsche lag, die mich an Kojen uralter Schwimmkörper von der Erde erinnerte. „Drogen! Knast!“schoss es mir durch den Kopf. Hatte ich zu viel von dem weißen Pulver geschnupft und war in eine Kontrolle geraten? Lag ich in einem der Verließe auf Bullonia?
Ich suchte nach Licht. Am Fußende fand ich eine Lampe, die einen Raum beleuchtete, den ich noch nie zuvor gesehen hatte. „Doch Knast“, raunte ich vorsichtig und irritiert. Ich schaltete das Licht wieder aus und fiel sofort wieder in einen traumlosen Schlaf.
Als ich aufwachte, unternahm ich in der Ferne ein seltsames Geräusch. „Soldaten?“ Ich stand auf und tastete mich zum Fenster. Draußen standen im fahlen Morgenlicht eine Menge Gestalten, die merkwürdige Bewegungen machten und auf der Stelle marschierten.
In der Mitte stand ein Soldat mit blauer Uniform und silbernem Helm. „Schneller!“ ächzte er, beschleunigte seinen Schritt. „Noch schneller!“ keuchte er und versuchte sein Tempo weiter zu steigern. Plötzlich hielt er schnaufend inne, schaute ratlos in die Menge und rief „Auf geht’s!“ Er fasste seinen Freund aus dem Feuchtraum an der Hand und die Horde mit den bunten Uniformen verschwand in Zweierreihen, händchenhaltend in Richtung Wald.
Wahrsagerin! 70 Zwerge, Schneewittchen und Feen
Was für einen Stoff hatte ich bloß im Blut!? Ich verstand die Welt nicht mehr. Völlig verwirrt schlich ich mich aus meinem Zimmer, um den Knast hier weiter zu erkunden.
Es herrschte Totenstille im Haus. Ich betrat einen Saal, der Tageslicht durchflutet war. Ich steckte meine Nase durch eine Glastür, als mir plötzlich „Erscht um 7:30“ entgegenschlug. „Sorry“, erwiderte ich kleinlaut, „Ich bin neu hier.“ „I bin die Gabi, grüß dich“, entgegnete mir eine freundliche Stimme. „Wie heißt denn?“ „Gee“, entgegnete ich klein laut, „aus Bizneyland“. Ich versuchte zu lächeln. Irgendwie kam ich mir ziemlich komisch vor.
Meine Welt aus Galaxien, Raumkreuzern und Superlative war gegen Alm und Kuschelmonster vor Bergpanorama ausgetauscht worden.
„Verdammt“, fluchte ich, „Ich bin wach. Das ist kein Trip, kein Film. Das ist eine Reality-Show. Wie bin ich bloß hier gelandet?“, fragte ich mich, als das freundliche Wesen einen Napf mit scheinbar Erbrochenem hinstellte. Ich zuckte reflexartig zurück, öffnete meine Nasenflügel vorsichtig, um den Geruch zu prüfen.
„Frischkornbrei“, schallte es auffordernd aus ihr heraus. Dann verschwand sie. Ich hatte dieses Wort noch nie gehört. „Es nimmt kein Ende“, stöhnte ich laut vor mich hin, als ich den Löffel in die Masse eintauchen ließ. „Wie Kotze schmeckt es nicht“, fand ich. Also löffelte ich brav alles aus.
Meine letzte Mahlzeit war Tage her. Fischeier vom Mond. Ach, wie ich das vermisste.
Plötzlich flog die Tür auf und alle händchenhaltenden Männchen und Frauchen stürmten zur Tür herein. Wie die Heuschrecken, die vor 500 Jahren die Erde kahl gefressen hatten, um sich im Windeseile über alles Essbare herzumachen. Ich ging nach draußen, um mich weiter umzusehen.
Plötzlich stand die Wahrsagerin aus meinem Traum vor mir, blickte mich mit ihren magischen Augen eindringlich an. „Hier, hier hinein, zehn Minuten“, raunte sie mir zu und zog mich in einen Raum mit allerlei altmodischer Apparaturen. „Ich möchte mal sehen, wie weit deine Temperatur ist.
Du hattest bei deiner Einlieferung minus 27 Grad Celsius. Kaum zu glauben.“ Sie öffnete meinen Mund, indem sie mein Kinn nach unten zog, steckte einen bunten Stab hinein und drückte meinen Kinn wieder nach oben. „Still sitzen und nicht reden.“
Sie fuchtelte mit einem roten Brett vor meiner Nase herum und kitzelte etwas. Mit einem prüfenden Blick auf den bunten Stab in meinem Mund sagte sie, „Wir haben dich in einem erbärmlichen Zustand gefunden. So genau konnten wir allerdings nicht feststellen, woher du kommst. Auch deine Sprache und deine Kleidung nach konnten wir nicht definieren, von welchen Planeten du hergeschickt wurdest.
Planet ohne Liebe: macht krank
Es muss ein Planet ohne Leben, Liebe, aber mit viel Technik gewesen sein. Wir haben versucht dir das Gefühl zurückzugeben, indem wir die Kühlung ausgeschaltet und dich in deine Kindheit an die Mutterbrust zurückversetzt haben.“
„Der Teil mit der Brust…“versuchte ich anzusetzen, als sie mich mit einem strengen Lächeln unterbrach.
„Fasten!“ rief sie.
Ich verstand nur Weltraum-Bahnhof: „Da tut mir was gut und dann?“
„Fasten, fasten, fasten. Das ist hier oberstes Gebot.“ Sie kritzelte weiter auf ihren Block und runzelte die Stirn.
„Scheiß Spiel!“ dachte ich. „Ich muss hier dringend raus.“
Sie brabbelte eine Menge unverständliches Zeug von „Ich. Über-Ich“ und so weiter. Ich bastelte unterdessen an meinem Fluchtplan. „Geheilt!“ hatte sie doch leise gesagt.
Also steht doch nicht zum Wege, den Laden hier auf dem schnellsten Weg zu verlassen. Ich ließ sie immer noch murmelnd in ihrem Zimmer zurück. „Komitee ist Heilung!“ hörte ich noch hinter mir, als ich leise die Tür zuzog.
Ich stand in einem langen, kahlen Flur. Eine angenehme Kühle schlug mir entgegen. Eine, die mich an frühere Zeiten erinnerte.
Ich ging zurück in das Zimmer, in dem ich aufgewacht war. Ich öffnete alle Schränke und fand Teile meiner Quattroflutschi-Uniform und den Speedometer.
„Ich bin zurück!“ schoss es mir durch den Kopf.
„Back to Bizneyland!“
rief ich und rannte in großen Schritten und einem Scheißgefühl im Bauch aus der Anstalt.
Und jetzt?
Nachhaltige Begleitung aus der Hochfunktion: Ich bin gerne da für Dich auf Deiner persönlichen Reise.
Die in diesem Blogartikel veröffentlichten persönlichen Texte und das gezeichnete Bild wurden mit der ausdrücklichen Genehmigung des entsprechenden Urheberrechtsinhabers veröffentlicht. Wir danken für die freundliche Genehmigung.