Contents
- Was ist eigentlich mit den Männern?
- Was bedeutet eigentlich „Wechsel“? Was wechselt da denn?
- Patriarchat und Internalisierter Kapitalismus
- Frauen: Neues Licht auf die Wechseljahre – Das Ende des Schweigens und der Scham
- Männer in der Andropause: Der Elefant im Raum
- Neues Denken und Handeln muss her!
Die Andropause als Gesellschaftliches Tabu.
Die Wechseljahre bei Frauen sind entweder schambehaftet, werden gesellschaftlich totgeschwiegen oder es wird gewitzelt und verspottet – und nicht ernst genommen. Klar, daß Männer – das starke Geschlecht – nicht auch noch Teil eines Gesellschaftlichen No-Go´s sein wollen.
Was ist eigentlich mit den Männern?
Bislang galten sie – gesellschaftlich gesehen – als unangreifbar. Schwächen waren bei ihnen weder möglich noch erwünscht. Männer. Sie sind genauso Menschen. Wie Frauen auch. Menschen mit Hormonen. Und ja: auch Männer erleben sie. Sie wissen es nur (meist) nicht.
Die Andropause: Die Wechseljahre der Männer.
Wieso Männer in diesem Zusammenhang nie oder selten erwähnt werden oder im Zentrum der Öffentlichkeit standen, hat sicher mit der gelebten Gesellschaft zu tun, in welcher wir leben: Leistung, patriarchal geformt, internalisierter Kapitalismus.
Wir sind die Besten. Die Schnellsten. Die Tollsten. So das Weltbild. Alles andere gilt als Schwäche.
Der internalisierte Kapitalismus ist die Vorstellung, dass unser Selbstwert direkt mit unserer Produktivität zusammenhängt.
Man kann den Wert seiner selbst nicht allein dadurch empfinden, dass man am Leben ist – nur weil man ein menschliches Wesen ist. Man muss ein „menschliches Tun“ sein, um einen Wert zu haben.
Anders Hayden, Professor für Politikwissenschaft an der Dalhousie University in Nova Scotia, der die politischen und politischen Auswirkungen alternativer Messgrößen für Wohlbefinden und Wohlstand außerhalb des Bruttoinlandsprodukts (BIP) untersucht / USA Today, 17.06.2021
Umso wichtiger, dieses Thema aufzugreifen. Und herunterzubrechen, vom Hohen Roß des Höher, Weiter, Besser. In Menschen. Mit Schmerzen, Ups und Downs, mit Sorgen und mit Freude. Mit körperlichen Themen. Mit mentalen Themen. Mit Angst und mit Mut.
Was bedeutet eigentlich „Wechsel“? Was wechselt da denn?
Wechseljahre = Transformationsjahre.
Der Begriff „Wechseljahre“ tönt für mich persönlich sehr auf Frauen bezogen. Sicherlich auch ein Ergebnis der Kommunikation der vergangenen Jahrzehnte. Wechsel war bäh-bäh, und hatte mit Dingen zu tun, die nur hinter vorgehaltener Hand besprochen wurden. Und natürlich: Das hatten nur Frauen. Männer… die hatten das nicht! Und deshalb war es gesellschaftlich auch nicht relevant – Weltbild des gelebten Patriarchats.
Der „Wechsel“ bezieht sich auf einen natürlichen Übergangsprozess im Leben eines Erwachsenen, bei dem sich – körperlich gesehen – die Funktion der Geschlechtshormone verändert. Dieser Übergang ist bei Frauen und Männern unterschiedlich, aber in beiden Fällen ist es eine Phase des „Wechsels“ im hormonellen Gleichgewicht des Körpers.
Bei Frauen beginnen die Wechseljahre, auch Menopause genannt, typischerweise in den späten 40ern oder frühen 50ern. Während dieser Zeit produzieren die Eierstöcke allmählich weniger Östrogen und Progesteron, die Hormone, die den Menstruationszyklus regulieren. Dies führt zu einer Reihe von körperlichen und emotionalen Symptomen, einschließlich unregelmäßiger Perioden, Hitzewallungen, Schlafstörungen und Stimmungsschwankungen, aber auch „untypische Symptome“ wie Gelenkschmerzen, Schwindel und Co. können auftreten. Schließlich hören die Perioden ganz auf, und die Frau kann keine Kinder mehr bekommen.
Bei Männern ist der Prozess weniger abrupt, aber dennoch signifikant. Als „Andropause“ bezeichnet, erleben viele Männer ab Mitte bis Ende 40 und bis in die späten 50-er hinein eine allmähliche Abnahme des Testosteronspiegels. Dies kann zu vielfältigen Symptomen wie Müdigkeit, Depression, Schlafstörungen, Gewichtszunahme, vermindertem sexuellem Verlangen und kognitiven Schwierigkeiten führen.
Ich habe in meiner Praxis schon Männer erlebt, die all diese Symptome aufwiesen, aber niemand von den Ärzten hat dieses Thema jemals angesprochen. Dabei leiden sie genauso, nur wissen sie meist nicht, wieso. Und dies wiederum (das nicht wissen), macht das Leiden tiefer und länger.
Also analog zu Frauen. Wieso wird darüber nie gesprochen?
In beiden Fällen markiert der „Wechsel“ eine Verschiebung in der Lebensphase und eine Veränderung unseres Körpers. Zusätzlich zu dieser biologischen Veränderung kommt auch noch etwas anderes – es ist eine Zeit der Reife und Reflexion. Eine Phase des Lebens, in der viele Menschen beginnen, ihre Prioritäten und Werte zu überdenken, ihre Erfahrungen zu reflektieren und einen tieferen Sinn im Leben zu suchen. Es ist eine Gelegenheit, buchstäbliche Weisheit aus den gelebten Erfahrungen zu ziehen und neue Perspektiven auf das Leben zu gewinnen. Oder sich komplett umzuorientieren.
Die Jahre des Wechsels, die in etwa 10 – 15 Jahre Zeitspanne ausmachen, können als eine Zeit des Wandels und der Transformation gesehen werden – sowohl körperlich als auch geistig. Dieser natürliche und unvermeidliche Teil des Reifens wird oft missverstanden – und ist in den (westlichen) Kulturen mit Stigma und Tabu behaftet. Aber wieso?
Patriarchat und Internalisierter Kapitalismus
In der Gesellschaft wird von Männern oft erwartet, dass sie stark, unabhängig und unverwundbar sind. Diese Erwartungen, gepaart mit dem internalisierten Kapitalismus – der Idee, dass unser Selbstwert direkt mit unserer Produktivität zusammenhängt – führt dazu, dass viele Männer ihre gesundheitlichen Symptome ignorieren oder verbergen.
Anders Hayden, Professor für Politikwissenschaft an der Dalhousie University in Nova Scotia, hat die Auswirkungen des sogenannten internalisierten Kapitalismus auf unser Wohlbefinden erforscht. Seine Forschungsergebnisse sind klar und decken sich mit den praktischen Aussagen in meiner Praxis: Unser bloßes Sein als Mensch hat keinen Wert. Unser Tun und ständiges Produktiv-Sein erzeugt unseren Wert. Nur wenn wir TUN sind wir etwas Wert.
Und das wird zwar als „Normal“ angesehen – aber ganz simpel ausgedrückt, ist das krank. Auf tiefste Weise unnormal. Kein Wunder, daß ich so viele Menschen bei mir habe, die aus dem Hamsterrad des Tuns partout nicht aussteigen können – denn dann sind sie quasi wertlos! Das ist die süchtig machende Strategie des internalisierten Kapitalismus: die Möhre hinhalten.
Diese Lebensweise rächt sich. Und zwar spätestens, wenn Männer (und Frauen) die Wechseljahre durchlaufen. Anstatt ihre Symptome zu erkennen und Hilfe zu suchen, fühlen sie sich zusätzlich unter Druck gesetzt. Sie verbergen ihre Probleme und machen weiter…, um den Erwartungen der „anderen“ (der Gesellschaft) und den Anforderungen des Systems Kapitalismus gerecht zu werden. Das klassische Hamsterrad und seine unsichtbaren Antreibermechanismen.
Frauen: Neues Licht auf die Wechseljahre – Das Ende des Schweigens und der Scham
Es ist so immens wichtig, diese schädlichen Normen und Erwartungen zu hinterfragen und eine Gesellschaft zu schaffen, in der alle Menschen – unabhängig von ihrem Geschlecht – ihre Gesundheitsthemen offen ansprechen und Unterstützung suchen können, ohne Angst vor Stigmatisierung oder Ablehnung.
Die Wechseljahre – eine Zeit, die jede Frau durchlebt, aber kaum jemand darüber spricht. Sie ist oft mit Scham behaftet, wird in der Gesellschaft totgeschwiegen oder sogar belächelt. Es ist, als ob dieses natürliche Stadium im Leben einer Frau ein Tabu wäre, ein Thema, das nur hinter vorgehaltener Hand oder mit einem unpassenden Witz behandelt wird.
Aber die Zeiten ändern sich. Langsam. Immer mehr Experten, die sich auf Frauengesundheit spezialisiert haben, treten hervor, um dieses Tabu zu brechen. Sie betonen, wie wichtig es ist, die Wechseljahre zu verstehen, zu respektieren und auf natürlichem Wege zu unterstützen, anstatt sie zu ignorieren oder herabzusetzen.
Diese Veränderung in der Art und Weise, wie wir über die Wechseljahre sprechen, ist ein großer Schritt vorwärts. Es ist ein Zeichen dafür, dass wir anfangen, die Wechseljahre als das zu sehen, was sie sind – eine normale, natürliche und gesunde Phase im Leben einer Frau. Es ist Zeit, dass wir aufhören, uns für unsere natürlichen Lebensprozesse zu schämen und stattdessen stolz auf sie sind.
Männer in der Andropause: Der Elefant im Raum
Die bislang unerzählte Geschichte der männlichen Wechseljahre – Ein völlig natürlicher Prozess in der Mitte des Lebens eines Mannes. Wenn – unter anderem (nicht nur) – der Testosteronspiegel allmählich abnimmt. Hormone haben signifikante Auswirkungen auf uns – und deshalb ruft diese Veränderung eine Reihe von körperlichen, emotionalen und mentalen Veränderungen hervor, ähnlich denen, die Frauen während der Menopause erleben.
Trotz der Tatsache, dass die Andropause ein universelles Phänomen ist, das fast alle Männer betrifft (manche von ihnen merken keine Symptome), wird es sehr kontrovers diskutiert und bleibt weitgehend unerzählt (Hallo Patriarchat!) und missverstanden. Natürlich ist die Andropause nicht komplett gleichzusetzen mit der Menopause, dazu spielen einfach sehr viele biologische Faktoren eine Rolle. Nichtsdestotrotz ist die Andropause eine Analogie zur Menopause der Frauen.
Viele Männer sind sich der Andropause und ihrer Symptome nicht bewusst und können daher ihre Erfahrungen nicht richtig einordnen. Dies führt meist dazu, dass sie ihre Symptome ignorieren oder verbergen und keine angemessene medizinische Versorgung oder Unterstützung suchen.
Eine Studie, die 2017 zum Beispiel im Iran durchgeführt wurde, zeigte bei 73,6% der untersuchten Männer Symptome der Andropause, aber nur 15,15% dieser Männer wusste mit der Andropause etwas anzufangen.
Wenn Männer mit ihren gefühlten Symptomen überhaupt zum Arzt gehen, dann meist wegen ihrer Müdigkeit, den Schlafstörungen… Oft wird dann eine Depression diagnostiziert – mit entsprechenden Medikamenten. Aber selten werden funktionellmedizisch alle Blutwerte angeschaut, das gesamte Beschwerde- und Lebensbild in die Anamnese aufgenommen oder eben ganzheitlich geschaut.
Die Geschichte der männlichen Wechseljahre ist eine, die erzählt werden muss. Es ist jetzt wirklich an der Zeit, auch dieses Schweigen (gemeinsam mit dem Schweigen über die Menopause) zu brechen und das Bewusstsein für die Andropause zu schaffen.
Wie kann sich die Andropause relativ typischerweise äußern?
- Vermindertes sexuelles Verlangen: Ein Rückgang des sexuellen Interesses oder der Libido
- Erektile Dysfunktion: Schwierigkeiten, eine Erektion zu bekommen oder aufrechtzuerhalten
- Müdigkeit: Ein Gefühl von ständiger Müdigkeit oder Erschöpfung ist ein häufiges Symptom
- Stimmungsschwankungen: Reizbarkeit, depressive Verstimmungen oder Angstzustände
- Schlafstörungen: Probleme beim Einschlafen oder Durchschlafen
- Stressresistenz nimmt ab: Stress kann nicht mehr gut verarbeitet werden – man wird dünnhäutiger
- Körperliche Veränderungen: Dazu können Gewichtszunahme, Haarausfall, verminderte Muskelmasse und erhöhte Brustgröße
- Kognitive Schwierigkeiten: Konzentrationsschwierigkeiten oder Gedächtnisprobleme
- Verminderte Knochendichte: Ein niedriger Testosteronspiegel kann zu einer Abnahme der Knochendichte führen, was das Risiko für Osteoporose erhöht
Und welches sind nicht so typische Symptome?
- Hitzewallungen und Schwitzen: Ähnlich wie bei Frauen in den Wechseljahren
- Gelenk- und Muskelschmerzen: analog Frauen
- Veränderungen in der Körperbehaarung: Verlust oder einer Verringerung
- Trockene Haut: Die Haut kann trockener werden und an Elastizität verlieren
- Verdauungsprobleme: Veränderungen im Verdauungssystem, einschließlich Verstopfung oder Durchfall
- Depression und Angstzustände: Stimmungsschwankungen, einschließlich Symptomen von Depression und Angst
- Reizbarkeit: leichter reizbar oder ungeduldig
- Vermindertes Selbstvertrauen: geringeres Selbstvertrauen oder Selbstwertgefühl
- Verlust des Interesses an täglichen Aktivitäten: vermindertes Interesse an Hobbys, Arbeit oder sozialen Aktivitäten
All diese Symptome sind ähnlich der Symptome, über welche Frauen auch klagen. Das gesellschaftliche Tabu darf enttabuisiert werden – und noch viel mehr: sichtbar gemacht werden. Denn eins ist klar: sie ist theoretisch unsichtbar. Praktisch aber nicht, denn Millionen von Männern durchleben sie – ohne es zu wissen. Das ist unglaublich – und für mich ganz klar ein Thema des patriarchalen Dilemmas.
Neues Denken und Handeln muss her!
Was kann ein Mann nun tun, wenn er merkt: „Irgendwas ist anders…“?
- Arzt aufsuchen: Am besten einen Arzt, der mit Funktioneller Medizin arbeitet. Dieser kann die Symptome bewerten, Tests durchführen und eine geeignete Behandlung empfehlen.
- Gesunde Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung mit Vitaminen, Mineralien und den wichtigen Fetten.
- Regelmäßige Bewegung: Körperliche Aktivität hilft, den Testosteronspiegel zu erhöhen, die Stimmung zu verbessern und den allgemeinen Gesundheitszustand zu unterstützen.
- Stressmanagement: Meditation, Yoga, Atemübungen
- Ausreichend Schlaf: Ein guter Schlaf ist wichtig für die allgemeine Gesundheit
- Offene Kommunikation: Das Stigma rund um die Andropause verringern und Unterstützung von geliebten Menschen erhalten.
- Therapie oder Beratung: Ein Therapeut, Coach oder Berater unterstützt bei emotionalen und psychologischen Auswirkungen der Andropause
- Medizinische Behandlungen: Hormonersatztherapien mit bioidentischen Hormonen können sehr hilfreich sein. Hier gibt es verschiedene Optionen. Dies sollte jedoch immer unter der Aufsicht eines Arztes erfolgen.
Nicht umsonst fühlen sich erst in der jüngsten Zeit einige Ärzte berufen, um sich dem Thema „Wechsel“ professionell zu widmen – und mit althergebrachten Denkweisen aufzuräumen und aufzuklären – sei es mit bioidentischen Hormonen oder mit der Uralt-Aussage „Da müssen Sie jetzt durch!“. Noch sind es Wenige – deshalb ist es für mich in meiner Begleitung so wichtig, ganzheitlich auch diesen Teil meiner Klienten zu beleuchten – und sie an geeignete Experten zu verweisen.
Natürlich sind diese Schritte sehr allgemein gehalten – der persönliche „Fahrplan“ ist natürlich sehr individuell. Was ich in diesem Zusammenhang tue, ist, mir jeden Menschen sehr genau anzusehen. Nicht nur die Themen, die mitgebracht werden, sondern auch das „Dahinter“. Oft schon hat sich das Thema der Meno-/Andropause hinter dem „eigentlichen“ Thema „versteckt“ – nur weil es denjenigen überhaupt nicht klar war, was da gerade in ihnen passierte. Das heißt natürlich nicht, daß damit alle Themen gelöst sind. Hier geht es um das Zusammenspiel und um den 360-Grad-Blick.
Und dabei – sowie bei der Begleitung dessen – bin ich sehr gerne für Dich da. Dazu sprechen wir vorerst persönlich. Und dann gehts auch schon los.
Ich freue mich darauf!